Montag, 6. März 2017

Nach 5 Monaten...

Der folgende Text ist ein Werk aus den letzten 4 Monaten. Ich saß etwas länger dran, habe am laufenden Band dran herumgebastelt, vieles hinzugefügt, viele Gedanken umsortiert aber auch wieder verworfen. Das Veröffentlichen habe ich immer wieder vor mir her geschoben. Es ist wie immer, schwieriges Thema, nur mein Gedankenwirrwarr dazu. Ich würde mich sehr über ein wenig Rückmeldung und auch Austausch freuen. Der Kommentarbereich unter meinen Texten ist für allen offen. Fühlt euch frei einen netten Gruß und eure Meiningen da zu lassen.

Die Anderen. 

          Ja genau, die nächste rechts, por favor. Ich sitze im Taxi auf dem Weg nach Hause. Es ist der gleiche Taxifahrer, den ich beim Einsteigen von 30 auf 20 Bolivianos runtergehandelt hatte (10 Bs = 1,20 Euro). Ich muss dann auf das große weiße Hochhaus dort zeigen, jenes, welches irgendwie so einsam in die Höhe zu ragen scheint. Doch es ist eines von vielen, die das Stadtbild Santa Cruz prägen. Ein Hochhaus in dem so wie in vielen anderen die Hälfte der Wohnungen leer stehen und die Menschen die den Rest bewohnen viel Geld haben.
          Zu meiner Wohnsituation möchte ich noch einmal ein wenig ausholen. Ich hatte mir natürlich bewusst keine großen Erwartungen an meine Lebensweise hier gestellt, in einfacheren Lebensverhältnissen als in Deutschland zu leben stellte sich für mich erst einmal nicht als großen Verzicht da. Hochhaus und Fahrstuhl, wären mir wirklich nicht im entferntester Weise in den Sinn gekommen. Und deswegen hat dieses mich am Anfang auch ein wenig überfordert.
Ein Mitfreiwilliger der mich einmal besuchte sagte :„Das ist ein ganz anderes Bolivien das du kennen lernst“. Ich verstand: Oh wenn es so anders ist, ist es dann überhaupt das richtige?
Natürlich ist es das richtige. Westlich geprägte Hochhäuser gehören genauso zu Bolivien wie Lehmhütten und Sandstraße. Im Verzicht leben zu müssen um das „wahre“ Bolivien kennen zu lernen ist doch irgendwie ein Hirngespinst das wir in uns tragen. Mittlerweile habe ich verstanden, dass es natürlich nichts an der Gesamtproblematik ändert, sich für einen materiellen Wohlstand schlecht zu fühlen, für den mensch selber gar nichts kann. Das Zitat: „Mensch weiß die Dinge erst zu schätzen, wenn er sie verloren hat“ besitzt zwar auch seinen treffenden Funken Wahrheit, aber etwas wertzuschätzen während man es hat ist doch eine viel wunderbarere Sache und meine mückenfreie Oase im 15.Stockwerk wird wertgeschätzt. :)

Aber dennoch: Was störte mich dann so sehr an dem für bolivianische Verhältnisse Luxus in dem ich lebe?
          Für mich war es eine ganz neue Erfahrung. Es ist das erste mal, dass ich in einer Gesellschaft lebe, in der ich nicht zur Massensesselschaft gehöre. Ich falle auf, steche mit meinem Äußeren aus der Masse, wecke verständlicherweise eine Assoziation, die in den Köpfen hier verknüpft ist. Mit weißer Hautfarbe wird man erst einmal in die Schublade „Gringa“ und „Geld“ gesteckt. Und genau hier kommt das Hochhaus ins Spiel. Die Weiße die im Hochhaus wohnt. Es ist, dass es das Bild das ich so ungewollt auslöse verstärkt. Es war ein unterbewusster innerlicher Kampf. Ich wollte dem Stereotyp einfach nicht entsprechen. Obwohl es pauschal nicht einmal ein negativer Stereotyp war. Ich fühlte mich hier in meinen bisherigen fünf Monaten Bolivien noch kein einziges Mal aufgrund meines Äußeren diskriminiert. Das Gegenteil ist der Fall und das beschäftigt mich: Alle meine Erfahrungen hier in Bolivien haben mir gezeigt, dass weiße Hautfarbe hier als etwas sehr positives aufgegriffen wird. Ich treffe auf ganz viel Interesse. Ich werde unglaublich oft angesprochen, mir werden Sitzplätze angeboten, ich muss keinen Eintritt bezahlen (bolivianische Freunde mit denen ich unterwegs bin aber schon) und es werden Fotos mit (oder heimlich von) mir gemacht. Sich unwohl in seiner Haut fühlen, bekam eine ganz neue Bedeutung für mich.
          Einerseits muss ich wohl zugeben, dass ist es erst einmal unangenehm war pauschal als “Weißer/Weiße“ bezeichnet zu werden, das kratzt an Ego und Individuum als das mensch sich selber sieht. Ich fühlte mich beurteilt aufgrund meiner Hautfarbe und Vergangenheit dieser Hautfarbe. Das verübele ich jedoch Niemanden, habe sogar Verständnis dafür, denn was mensch hier mir meiner Hautfarbe ablas, waren ja nicht nur sich ausgedachte Vorurteile, sondern besaß ganz viel Wahrheit. Ja, ich besitzen nun mal durchschnittlich mehr als die Bewohner Boliviens, ich kann es mir leisten zu arbeiten ohne mich dafür bezahlen lassen zu müssen, ein FSJ machen zu dürfen und es vor allem auch zu können ist ein wahnsinniges Privileg, welches ich besitze. Und deswegen gibt es hier das Andererseits und dass machte mir viel mehr zu schaffen. Mein Bild das mir übergezogen wurde war mir unangenehm. Ich wollte dem Stereotyp nicht entsprechen, rein deshalb, da er für mich mit Schamgefühl verbunden ist. Scham für meine Privilegien die ich besitze, ohne auch nur ein Finger dafür gekrümmt zu haben. Privilegien die mir eine grausame und unfaire Vergangenheit in die Wiege legte.
Wie hat mensch damit umzugehen, wenn er unverdient auf der Gewinnerseite steht?  
          Ich, als „Weiße“ gehören in der Gesamtproblematik der Thematik Rassismus nicht zu den negativ Betroffenen. Rassismus ist unfair und es ist Tatsache, dass es nie Rassismus gegen die „Weißen“ an sich geben kann, denn wir stehen auf der Seite die das Machtgefüge definiert. Deswegen ist diese Frage selbstverständlich keine des Selbstmitleids, aber eine Frage die unumgänglich ist in dem persönlichen Prozess im Umgang mit Rassismus, der Kreation eines Verständnis für Rassismus.
          Zweierlei Dinge konnte ich für mich bewusst festhalten. Ich werde erstens niemals vollkommen verstehen können wie sich die tägliche Konfrontation mit Rassismus für die Betroffenen anfühlt. Und zweitens wie unglaublich wichtig es ist, sich von dem fehlenden Nachvollziehen keine Tatsachen verdrängen zu lassen. Was mir in Deutschland wahrlich nicht immer gelungen ist. Bolivien hat mir verdeutlicht, hier wo ich jetzt plötzlich zur Minderheit der Gesellschaft gehöre, wie Rassismus immer noch wie eine schwere Kuppel über uns schwebt, eine seit Jahrhunderten eingebrannte rassistische Anerkennungsordnung, die von beiden Seiten festgehalten wird.
          Um meine Worte mal in Beispielen zu verdeutlichen. Die hier vertretene positive Verknüpfung mit meiner Hautfarbe funktioniert natürlich auch in die andere Richtung. Dass heißt, ich bin tatsächlich auf einige Menschen getroffen, die ihre indigenen Wurzeln verleugnen, sich mir gar sogar mit einer ganz anderen Nationalität vorgestellt haben, mir offen ins Gesicht sagen, dass sie alles dafür tun würden eine solche Hautfarbe wie meine zu besitzen, weil sie für Reinheit und Schönheit steht. Wie erschreckend paradox dieser Effekt doch ist, das es negativ Betroffene gibt, welche die Anerkennungsordnung übernehmen, akzeptieren und sogar reproduzieren. Gerade Bolivien scheint sehr mit der Reproduktion des rassistischen sozialen Maßstabes zu kämpfen zu haben.
Bolivien
          Um das „Wieso“ zu verstehen muss man sich ein wenig genauer mit der bolivianischen Geschichte oder der Geschichte Lateinamerikas auseinandersetzen.
In Bolivien müssen Jahre/Jahrhunderte, die von Unterwürfigkeit und wirtschaftlicher sowie sozialer Exklusion geprägt wurden, überwunden werden. Kolonialzeit muss ich hier nicht genauer erläutern, denn die Geschichtsbücher sind doch eindeutig: Wir versklavten, wir töteten, wir raubten aus...wir rissen Macht an uns die keiner verdient. Mit den Folgen der Kolonialität hatte und hat Bolivien sichtlich zu kämpfen. Auch heute noch ein Land geprägt von politischen Instabilität und Armutsraten, die sich als die höchsten Lateinamerikas aufweisen. Zudem kommt, dass Bolivien sowohl in nationaler Hinsicht, als auch im Bezug auf seine Kulturen, seine Sprachen, sowie seine religiösen, wirtschaftlichen und sozialen Werte ein höchst plurales Land ist. Nicht umsonst nennt es sich „Estado plurinacional de Bolivia“. Bolivien ist multiethnisch, multikulturell, multilingual. Und dieser Multikulti hat in der Vergangenheit oder auch noch heute für Konflikte gesorgt. In keinem anderen Land Lateinamerikas gibt es so eine Varietät an unterschiedlichen Völkern wie in Bolivien.
Die indigenen Völker Boliviens.
          Die „Indiginas“ wurden lange Zeit sozial und politisch kaum beachtet, gar sogar diskriminiert und rassisiert, obwohl sie eine Mehrheit in der Bevölkerung darstellen. Die Wahl 2006 von Evo Morales, dem ersten indigenen Präsidenten Boliviens, brachte viel Schwung in die indigene Bewegung und half dabei die Thematik der Kultur, Ethnie und Ureinwohner in die öffentliche Bewusstsein zurückzubringen. In den letzten Jahren hat die Wahrnehmung indigener Völker und ihrer Interessen auf der lateinamerikanischen sowie auf der internationalen Ebene stark zugenommen. Dies spiegelt sich u.a. in der Verankerung indigener Rechte in internationalen Übereinkommen und Erklärungen wieder. Doch der Weg zur sozialen Gleichstellung ist noch weit.
          Sich weiter mit dem höchst komplizierten politischen Situation Boliviens auseinanderzusetzen sprengt in diesem Blog sichtlich den Rahmen. Grob lässt sich jedoch zusammenfassen, dass sich Evo Morales auf die kulturellen Traditionen zurückbesinnen und das Land aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit befreien will und postiert sich dabei ganz klar gegen den Neolibralismus. Das sorgt natürlich für mächtig Widerstand. Zwischen Befürworter und Gegner Evo Morales gibt es viele, teils sehr radikale Auseinandersetzungen. Ich habe mir bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich ein eigene Meinung bilden können, für mich lässt sich Politik nicht in schwarz oder weiß unterteilen. Doch wenn ich eines weiß, dann ist es, dass das internationale Bild des Prozesses sozialen Wandels in Bolivien und von President Evo Morales, auch von deutschen Medien so verbreitet, ein sehr unvollkommenes ist oder gar eines ist, welches im falschen Deutungsrahmen interpretiert wird. Artikeltitel auf die man in Zeitungen wie die „Welt“ trifft sind vielsagend: "Eine Frage der Hautfarbe: Mit dem Indio-Kult von Boliviens Präsident Evo Morales erlebt Lateinamerika einen Rückfall in die Ideologie der Abstammung"(2006). Die indigenen Bewegung als einen „Rückfall“, einen Weg in noch mehr Rückständigkeit darzustellen beweist, wie wichtig und notwendig die Indigene-Bewegung ist.
          Und ja natürlich gibt es einige soziale Normen hier in Bolivien, besonders was die gesellschaftliche Stellung der Frau angeht, die dringendes Änderungspotential besitzen.
Doch die indigene Kultur ist eine Kultur voller Weisheiten und faszinierenden Traditionen und mit einem bewundernswerten Verständnis und Respekt gegenüber der Natur und Pachamama (Mutter Erde), von denen wir alle noch vieles lernen sollten. Ich durfte schon einige indigene Völker auf meinen kleinen Reisen in verschiedenste Ecken Boliviens kennen lernen, bin immer auf unglaublich liebenswerte Menschen getroffen, durfte einige traditionelle Rituale miterleben und durfte zuhören als sie von ihrer Lebensweise berichteten. Ein Leben, welches z.B. auch ohne Polizei, ohne Überproduktion und stetigen Wachstum funktioniert. In Deutschland oder aber auch Millionenstadt Santa Cruz unvorstellbar. Wie mensch letztendlich Rückständigkeit oder Fortschritt definiert, bleibt im Auge des Betrachters liegen. Ich kann für mich sagen, indigen und rückständig, eindeutig keine Synonyme. Passendere Beschreibungen wären: Naturverbunden, Naturbewusst und kein wenig unglücklicher als wir, obwohl sie nicht im Überfluss leben. 


Ihr Lieben, ich sende euch herzliche Grüße aus Bolivien. Werde hier meine letzten drei Wochen genießen, denn ich bin sehr froh in einem Land leben zu dürfen in dem Traditionen und Kultur überlebten und sich nicht krampfhaft dem Westen angepasst haben. Bin unglaublich gespannt auf meine dann startende Reise durch Peru und Ecuador (hoffentlich bleibt auch noch ein wenig Zeit für Kolumbien) und wie diese mir vllt. auch noch einmal einen ganz anderen Blickwinkel auf Bolivien schenkt. Fühlt euch gedrückt, Besos y un abrazo fuerte, Isabel. 

Donnerstag, 26. Januar 2017

Mein Weihnachtsabenteuer

Verspätet aber dafür nicht weniger herzliche Weihnachts- und Neujahrsgrüße.

Mensch, ich könnte ein Buch mit den Erlebnissen der letzten zwei Monate füllen, kann ich aber eben doch nicht, denn mir fehlt es immer an Zeit diese niederzuschreiben. Aber heute ist es so weit, ich versuche mein Glück wenigsten in kurz und knapp ein wenig von mir zu berichten.

Vorab: Mein Gesundheits- und Gemütszustand sind ganz wunderbar. Ich hatte ja dem ein oder anderen ein wenig Sorgen bereitet, da es mich über Weihnachten ganz arg erwischt hatte. Aber Entwarnung, die Höhenkrankheit mit der ich zu kämpfen hatte, hat sich natürlich nach dem Heimkehren nach Santa Cruz und dem Verlassen der Höhe ohne Spuren zu hinterlassen verflüchtigt. Ich bin also wieder ganz die Alte. Aber alles nach seiner chronologischen Reihenfolge:
5.Dezember.2016 Die Talleres
Nach all der Planung fingen endlich die Talleres an. Trotz all der Werbung hatten wir doch zunächst jeder nur eine Hand voll Kinder in unseren Kursen. Doch mit Fortlaufen des Kurses wurden immer mehr Kinder eingeschrieben und so hatten wir am Ende bis zu 20 Kindern das Vergnügen. Chaos brach aus, an allen Ecken und Kanten fehlte es an Materialien und helfenden Händen, doch dass machte überhaupt nichts. Am Ende hat doch immer alles irgendwie funktioniert und die Kinder haben ganz tolle Sachen gezaubert.(Siehe Fotos in der Bildergalarie). Nach insgesamt drei Wochen voller Talleres mündete alles in einem großen Austellungsfest für die Kinder.
22.Dezember.2016 Exposición und Weihnachtsfeier
Dieser Tag war ein ganz besonderer Tag. In der Früh fanden die letzten Kurse statt und wir nutzten die Mittagspause um den Innenhof von Arterias in eine Riesige Austellungswelt zu verwandeln. In allen Ecken war Gemaltes, Gebasteltes und Gewerkeltes zu finden. Es war toll seine Arbeit mit den Kindern noch einmal auf einem Blick sehen zu können. Auch die Traumfänger und Webrahmen aus meinem Stoffkurs unterstützten kräftig das farbenfrohe Gesamtbild, welches nur noch getoppt wurde, als dann nach und nach, wie eben immer in Bolivien, all die Kinder mit ihren Eltern, Großeltern und Geschwisterkindern eintrudelten. Arterias füllte sich mit stolze Kinderaugen und bestaunenden Eltern. Dann begann unser kleines auf die Beine gestellte Unterhaltungsprogramm. Eröffnet durch eine ganz wunderbare Trommelvorführung. Ich fand mich inmitten ausgelassen tanzender Kinder wieder, die fröhlich auf den selbst gebastelten Instrumenten aus meinem Musikkurs musizierten. Ich hätte stundenlang so weiter tanzen können. Doch es ging weiter mit einer Seilakkrobatikperformance, Gitarrenmusik und Diashow und auch unser Theater-taller führte eine kleine Pantomime vor. Gegen Abend leerten sich dann langsam die Wände, Wäscheleinen und Tische, da die Kinder selbstverständlich ihre Sachen mit nach Hause nehmen durften. Und übrig blieben die nach und nach eingetrudelten Arterias-Leute. Wir kochten, musizierten, redeten und stießen an, an auf eine so gelungene Workshopzeit, auf das wir alle beisammen seien können und ich fühlte mich an dem Tag zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Denn auch wenn am Anfang das Einleben in das Projekt, besonders auch wegen der Sprachprobleme ein wenig holprig war, so kann ich nicht anders als dankbar sein, dafür, dass ich, aber auch die anderen Freiwilligen, so herzlich in die große Arterias-Familie aufgenommen wurden...

23.Dezember.2016 Wenn einer eine Reise tut...
Hoch motiviert, trotz der langen Nacht in den Knochen, starteten Sophia und ich dann am nächsten Morgen unsere Reise nach La Paz. So dachten wir zumindest. Und so vorbereitet wie man eben mit einem in der Früh hastig gepackten Rucksack sein kann, trafen wir uns um 12 Uhr am Busterminal. 18 Stunden Busfahrt lagen vor uns. Dennoch genug Proviant war selbsverständlich vorhanden, allerdings überlebte dieses nicht all zu lange, dann schon bald begann das Frustessen. Der Bus kam nicht. Die ersten zwei Wartestunden bereiteten uns noch nicht so viele Sorgen, schließlich saßen wir an einem katastrophal überfüllten bolivianischen Busbahnhof. Doch es wurde immer später und später und immer mehr wartende Menschen drängten sich auf dem kleinen schattigen Stückchen in dem man so gerade nicht vor Hitze einging. Es dauerte nicht lange bis die Gerüchteküche zu brodeln begann. Aus allen Ecken schnappte man verschiedene Theorien über das Nicht-Eintreffen des Bussen auf. Alle schienen irgendwie irgendwas zu wissen, aber ebend auch niemand etwas Konkretes. Gegen Abend wurde dann Licht ins Dunkle gebracht, die Busgesellschaft bestätigte, dass ein „Bloqueo“ (Streik) der indigenen Bevölkerung die einzige Schnellstraße hin nach La Paz blockierte, ließ ihre Kunden aber weiterhin in dem Glauben später trotzdem loszufahren und so warteten wir geduldig, aßen noch ein wenig mehr und unterhielten uns mit anderen Wartenden, bis es dann um 10 Uhr Abends offiziell gemacht wurde. Heute fahren keine Busse mehr. Aber Morgen sollen wir doch noch einmal unser Glück versuchen. Das Geld der Tickets wurde uns zurückgegeben. Erschöpft und enttäuscht saßen Sophia und Ich dann also gegen 12 Uhr mit all unserem Gepäck wieder in der Mikro auf dem Weg zu ihr nach Hause. Ratlos über unser weiteres Vorhaben schliefen wir ein.

24.Dezember.2016 Weihnachten
Der Handywecker zeigt 4:00 Uhr an. Wir machten uns ein letztes Mal (so dachten wir) auf zum Terminal. Doch dort angekommen wurde unser Hoffnung auch gleich wieder zerschlagen, es wird immer noch gestreikt, aber Morgen sollen wir doch nochmal unser Glück versuchen.... Was blieb uns anderes übrig, schnell in die Mikro gequetscht, ab nach Hause.Weihnachten zu zweit alleine in Santa Cruz? Nein so schnell gaben wir nicht auf. Es lag wahrscheinlich an dem Mix aus Müdigkeit und Frustration, welche sich so langsam breit gemacht hatten, aber kurze Zeit später hatten wir uns ein Taxi gerufen: „Zum Flughafen bitte“ Jetzt wollten wir ans Meer. Komme was wolle, egal was uns der Spaß kostet... Wir verbringen Weihnachten am Meer!
Doch kaum am Flughafen angekommen zerplatzte unser naiver Traum. Denn erstens sind Auslandsflüge viel teurer als gedacht und zweitens hat Bolivien blöderweise kein Meerzugang. Aufgeben und nochmal Bs.70 fürs Taxi ausgeben wollten wir allerdings nicht. Eine kurze Grübelphase und 600 Bolivianos später standen wir in der nicht vorhandenen Security Check Schlange, zwei Boardingpässe, Destino: La Paz in der Hand. Sollten wir also doch noch Weihnachten mit Sophias Freunden verbringen können. Kaum in La Paz angekommen wurde ich von einer Welle an Weihnachtsgefühl eingenommen. Es war kalt. So wie in Deuschland. Also fast um die 15 Grad aber für Santa Cruzeanische Verhältnisse eben kalt. Paulin aus der WG hatte Plätzchen gebacken, die wir genüsslich mit Tee und Kerzenlicht verputzten. Doch nach drei Stunden verflog die Besinnlichkeit genauso schnell wie sie gekommen war. Die Höhe machte sich bemerkbar. Nach und nach setzten Kopfschmerzen, Schlappheit, Herzrasen, Zittern und furchtbarer Übelkeit ein. Aber erspare ich euch die Details. Ich wurde ins Bett gesteckt, wo ich den gesamten Heiligabend benebelt vor mich hin döste, während nebenan zu Weihnachtsmusik selbstgemachte Rouladen mit Semmelknödel und Kohlgemüse verputzt wurde. Am schlimmsten jedoch war der verpasste Nachtisch: Bratapfel und Tiramisu.
25.Dezember.2016 1. Weihnachtstag
Ich will mich lieber kurz halten. Mein Zustand wurde immer schlechter, meine Lunge begann zu schmerzen, Atmen wurde zur Qual und so gipfelte meine Leidensgeschichte in einem ganztägigen Krankenhausmarathon. Nach vier verschiedenen Krankenhäuser inklusive Lungen röntgen, Bluttests und andere mir eher fragwürdig erscheinenden Tests in denen Elektropole an mich angeschlossen wurde, bekam ich dann eine von Isabel nur mäßig verstandene spanische Diagnose. Doch eines konnte ich herausfiltern: kein befürchtetes Lungenödem, sondern nur eine entzündete Lungenhaut. Ich muss zugeben mit den Wissen keine Wasseransammlung in der Lunge zu haben ließ es sich gleich um einiges besser atmen. Die mir verschriebene Medizin wirkte Wunder und schon nach zwei Tagen waren die Schmerzen wieder weg.
27.Dezember.2016 Der höchstgelegenste See der Welt...
Genau rechtzeitig um zum Lago Titicaca weiterzureisen. Immer noch ein wenig klapprig auf den Beinen konnte ich diesen Ausflug dennoch sehr genießen. Wenn es mir zu viel wurde, setzte ich mich einfach in ein Cafe oder ans Wasser, während die anderen zig Aussichtsplattformen hinaufschnauften, denn auch an ihnen ist die Höhe natürlich nicht spurlos vorbeigegangen. Das Highlight unserer Reise war sicherlich die Wanderung über die Isla der Sol. Wir kamen leider, auch in Teilen durch mein Verschulden, musste ich immer noch nach allen 200 Metern eine kurze Pause machen, nicht wirklich schnell voran, vergaßen ein wenig die Zeit und so ging die Sonne unter und übrig blieben plötzlich fünf dunkle, einsame und fröstelnde Gestalten, ausgestattet mit genau einer funktionierenden Handytaschenlampe und jeweils zwei Verteitigungssteinen in der Hand ( vor was genau wir uns verteidigen wollten, kann ich jetzt auch nicht mehr genau sagen, aber ich fühlte mich so um einiges sicherer) mitten im Nirgendwo auf der im Dunklen gleichzeitig beeindruckend und beängstigend mystisch wirkenden Isla. Doch keine Sorge auch dieses Abenteuer haben wir überlebt und konnten uns am nächsten Tag auch wieder über unsere Naivität amüsieren. Beeidruckende Bilder hat diese Wanderung alle Male hinterlassen...
31. Dezember.2016 Feliz Año nuevo...
Rechtzeitig zum AÑO NUEVO kehrten wir dann wieder nach La Paz zurück. Die Aussicht aus El Alto runter auf La Paz hätte wirklich ganz spektakulär sein können, wären wir nicht passend um 12 Uhr eine dicke Nebelwand eingehüllt worden. Und so standen wir da, ohne Feuerwerk, schwer atmend auf der Aussichtsplattform von El Alto. Aber ein Silvester wie wir uns es vorgestellt haben, hätte auch wirklich nicht zu unserer chaotischen Reise gepasst. Nichts konnte meiner Stimmung an diesem Tag was anhaben. Ich war froh Silvester mit Sophia und Hannes verbringen zu können, denn die beiden sind mir in den letzten drei Monaten wirklich ans Herz gewachsen. Wir stopften uns gemeinsam, wie es der bolivianische Brauch so will, zwölf Weintrauben in den Mund, hielten uns in den Armen und stießen mit gezuckertem Wein (auf was für Ideen diese Bolivianer alle so kommen) auf ein 2017 an, das hoffentlich genauso werden würde, wie diese von mir im Schreibfluss über ausführlich beschriebene Reise nach La Paz. Abenteuerlich, spontan, vielfältig, anders, erkenntnis- und erfahrungsreich, voller Höhen aber eben auch Tiefen [in der Höhe ;)], die aber am Ende „halb so wild“ waren, da ich von den richtigen Leuten begleitet wurde.

Auf das 2017 ein lebhaftes Jahr für uns alle wird. Eure im bolivianischen Sommer garende, aber trotzdem zufriedene Isabel.


Montag, 5. Dezember 2016

Talleres.

Ich saß im Büro von ARTErias, die Vorbereitung der Ferienworkshops liefen auf hohen Touren. Die Erstellung von Stundenplan, Anmeldelisten, Anmeldebescheinigungen, Werbeflyer ect. gehörten zu meinen Aufgaben. Ich saß also am Computer um dies und jenes zu erledigen, als ein Junge mit seiner kleinen Schwester zu Tür hinein kam. Der Junge interessierte sich für die Talleres, wir unterhielten uns kurz, als er mich fragte welche der zehn Talleres ich den anbieten würde.

ARTE Y MÚSICA“ und „ARTE LLEVABLE“.
Arte y música“ ist ein Taller für Kinder zwischen 5 und 10 Jahren. Wir bauen kleine Instrumente wie Rasseln aus Pappmasche und Reis, Gummibänder werden zu Gitarrenseiten umfunktioniert, Kronkorken ersetzen Schellen, mit Dosen und Luftballons wird getrommelt und auch der Klassiker Regenmacher darf natürlich nicht fehlen.
Arte llevable“ (Tragbare Kunst) ist ein Taller in dem mit Wolle, Stoff und Perlen verschiedenste Sachen wie Ketten, Armbänder oder Windspiele gebastelt werden. Die Perlen sollen dabei auch selbst hergestellt werden. Die Kinder werden an Techniken wie Nudeln einfärben, Salzteig herzustellen und backen oder Papierperlen kleistern herangeführt.

Aber zurück zu meinem Erlebnis im Oficina. Ich erklärte dem Jungen also, dass der erste Taller nur für Kinder bis 10 sei, dass er mit seinen 12 Jahren natürlich trotzdem teilnehmen könnte, die anderen aber dann jünger als er seien. Als ich ihm dann mit Beispielbildern erklärte, dass der andere Taller die Herstellung von Ketten und Armbändern beinhaltet, befürchtete ich schon den potenziellen Teilnehmer verloren zu haben. Über die Selbstverständlichkeit mit der ich davon ausgegangen bin, dass der Junge einen solchen Kurs nicht besuchen möchte, unter dem Einwand, dass das doch nur was für Mädchen sei, habe ich mich im Nachhinein ein wenig geärgert und um so mehr habe ich mich gefreut als der Junge mit strahlenden Augen erzählte wie schön und interessant er die Bilder fände und er mit seiner Mama reden wird um sich dann für meinen Taller anzumelden. Denn natürlich ist Ketten und Armbänder knüpfen nicht nur was für Mädchen. Dass der Junge den Taller trotzdem besuchen möchte der ihm gefällt, egal ob Ketten und Armbänder uns als „Mädchenkram“ verkauft werden, fand ich wirklich beeindruckend. Nehmen wir uns ein Beispiel an dem Jungen, stereotypisieren wir weniger und lassen wir Menschen Menschen sein. Ich für meinen Teil freue mich schon außerordentlich auf meine eigenen Talleres und bin gespannt was ich von den Kindern lernen, ihnen aber auch mitgeben kann.

Mittwoch, 26. Oktober 2016

Ein bisschen was von mir und ein bisschen was von hier!

Die Monatsmarke ist geknackt...Das Eindrücke sammeln geht weiter... und es ist an der Zeit einige Gedanken von mir festzuhalten.

Vor einigen Wochen schrieb mich eine Freundin aus Amerika an, sie benötige ein Interview für ihre Bechlorarbeit, jemand aus einer anderen Kultur sollte es sein. Wie passend dachte ich mir, willigte herzlich und nichtsahnend ein und erhielt einige Tage später ein Fragebogen der mich ins grübeln brachte... Alltag, Routine, Traditionen und Gewohnheiten, lautete das Thema.
Gewohnheiten die ich pflege? Alltagsaktivitäten die ich durchführe? Kultur mit der ich mich identifiziere? Familientraditionen die wir ausleben? Beim Ausfüllen der Fragen tat ich mich sichtlich schwer. Einerseits deshalb, da ich nie ein Freund der steifen deutschen Routine war und selbst mit Rückblick auf mein Leben in Deutschland die Fragen schlecht beantworten konnte, aber andererseits und gerade deshalb, da ich gerade jedes kleinste bisschen an Routine und Tradition die ich in Deutschland dann doch auslebte verloren hatte und mitten dabei war den täglichen Schwall an Eindrücken an bolivianischer Lebensweise und Kultur zu verarbeiten. Das Interview zwang mich zum direkten Vergleich zweier so unterschiedlicher Welten und Kulturen.

Ich bin in Bolivien, habe mit einer ganz bewussten Entscheidung den sicheren Hafen, den mein deutscher Alltag mir bot, verlassen, bin raus geschwommen bis zur anderen Seite der Welt.
Auf dem offenen Meer treffe ich auf Wellen, Wellen die mir zwar auch in Deutschland im Bewusstsein waren, aber viel zu häufig in Vergessenheit geraten sind. Es sind die Wellen der Konfrontation mit fremder Tradition und Kultur, anderen Gewohnheiten, einem anderen Verständnis, Vorurteilen und Ungerechtigkeit, Armut und Rassismus. Große Wellen, große Worte und große Fragen.
Und manchmal, so wie mir in den letzten zwei Wochen, kommen einem die Wellen einfach zu groß vor. Noch ein letztes mal nur ganz kurz Ohren, Augen und Mund schließen sagt mensch sich, unterbricht das Atmen, taucht ab und wartet bis die bedrohlich wirkende Welle vorübergezogen ist.

Doch so einfach geht es hier eben nicht, denn so oft wir auch das Luftanhalten trainieren, letztendlich will die Luft zurück in unsere Lungen. Ich war mir der Konfrontation natürlich im Vorhinein bewusst, aber es sind die alltäglichen Begegnungen mit sozialer Ungerechtigkeit die hier an so gut wie jeder Straßenecke auf einen warten, die es unmöglich machen wegzuschauen.
Ich will mich nicht mehr auf meinen Privilegien ausruhen und untertauchen, sondern zu schwimmen lernen. Ich kann und muss meinen, wenn auch kleinen, gesellschaftlichen Einfluss nutzen, um mich zu engagieren.
Für mich ist, ein solch groß wirkendes Thema wie die soziale Ungerechtigkeit anzusprechen, ein Versuch nach dem Wasser zu greifen, befinde ich mich zurzeit doch noch in der Phase, in der ich schwimmend oder vielleicht eher treibend versuche mir einen Reim aus all dem zu machen, was ich hier täglich erlebe, sehe, wahrnehme und fühle. Gedanken zu überdenken, Selbstverständliches zu hinterfragen und mir eine klare reflektierte Meinung zu bilden. Aber es nicht zu tun wäre auch nicht das Richtige. Denn wenn ich eines weiß, dann ist das, dass das Totschweigen und das Treffen von Fortschritt boykottierenden Ausreden wie: „Der Mensch ist nun mal wie er ist“ oder „Ich kann als Einzelner nicht viel ausrichten“, unsere Angst vor den so ungreifbar wirkenden großen Wellen sicher nicht lindert.So möchte ich meinen Teil dazu beitragen, indem ich meine persönlichen Erfahrungen die ich diesbezüglich hier mache mit euch teilen.
Es adressieren, zum Thema machen und gegenanschwimmen, auch wenn es erst einmal nur gedanklich ist.

Eines bleibt mir am Ende noch zu sagen, es gehört zum schwimmen nun mal dazu abwechselnd von kaltem und warmen Wasser umgeben zu sein. Das kalte Wasser, das deine Poren unsanft öffnet, deine Sinne schärft und dein Blickfeld erweitert. Das warme Wasser, das dich kurz innehalten lässt, dir Wertschätzung und Mut lehrt. Ein Leben zwischen Kältestarre und angenehmer Babybeckenwärme. Jenes Wechselbad der Gefühle ist es, das mich hier so fasziniert. Eine Lebendigkeit die mir immer wieder bestätigt, wie wichtig es ist, aus dem sicheren Hafen der Heimat raus zu schwimmen und einmal mal nicht unterzutauchen. Nach Bolivien zu gehen war die richtige Entscheidung. Es tut mir gut, dass ich schwimme.

Arbeitsalltag und Routine.

Arbeitsalltag und Routine.
Ich bin in Bolivien angekommen, habe mich bereits den bolivianischen Zeitverhältnissen angepasst, habe noch nie unroutinierter, ungeplanter, ungewisser und unstrukturierter in den Tag hinein gelebt und fühle mich dennoch sehr wohl. Und nun endlich Ausschnitte aus diesem besagten abwechslungsreichen Alltag:

Tu eres una artista!“/„Du bist also Künstlerin!“
Ist immer eine der ersten Aussagen die kommen, sobald man sich als Freiwillige von ARTErias Urbanas outet. Unterstützend kommt hinzu, dass ich tatsächlich auch noch das passende Bild dazu abgebe, Farbkleckse an Kleidung und Haut verraten mich. Bereits die Hälfte meiner mitgebrachten Kleidung habe ich an die Farbwelt verloren, bzw. mit einer persönliche Note dazu gewonnen.
Ich und das Künstlerdasein, da muss ich doch tatsächlich ein wenig schmunzeln. Das ich Kunst seit der 9. Klasse abgewählt und so seit Jahren keine wirkliche praktische Erfahrung mehr hatte, verschwieg ich meistens lieber. Es passiert gar nicht selten, dass mir Bleistift, Pinsel, Spraydose oder Computer mit höchst komplizierten Photoshop Programmen in die Hand gedrückt werden um Skizzen anzufertigen, Mauern zu bemalen, Flyer zu erstellen oder Plakate zu designen. Umgeben von einem Haufen wirklich ganz ausgezeichneter Künstler, sträuben sich mir Anfangs jedes mal die Nacken Haare, wenn es an der Zeit war mein künstlerisches „Können“ zu beweisen. Als ich mich versucht habe aus der Photoshopnummer raus zu reden bekam ich jedoch eine Antwort die mich umdenken lies: „Aprendemos en camino“ so Sinngemäß „Wir lernen auf dem Weg“. Mittlerweile bin ich für jede Möglichkeiten, die ARTErias mir bieten meinen Erfahrungsmangel in Nu aufzuholen, dankbar und begeistert, meine kreative Ader überschlägt sich vor Freude. Die wohl interessantesen Projekte, die im letzten Monat von ARTErias durchgeführt wurden, waren das farbliche Gestalten zweier Schulmauern. Die Hingabe mit der die Kinder die Farbe an die Wand brachten war wirklich erfrischend.

ARTErias besitzt auch ein Gemüsebeet, beziehungsweise ein großes „HUERTO“ (Gemüsebeet) Schild, das bis jetzt noch ein Fleck Erde hinter auf dem Gelände ausschildert. Wir Freiwilligen werden in den Prozess des Gemüsebeets heranzüchten mit eingebunden, doch außer ein wenig harken und Steine schleppen ist bis jetzt noch nicht viel passiert.

Neben dem künstlerischen Ausleben hier gibt es natürlich auch Organisatorisches zu erledigen. Die Sommerferien (Novermber bis Februar) stehen vor der Tür und somit auch die in ihnen beginnenden Kinderworkshop. Zu meinen wichtigsten Aufgaben gehört zurzeit, das Planen der “Talleres“. Es gilt ein Thema zu finden, Ideen zu sammeln, eine Altersgruppe festzulegen, Material zu beschaffen, nicht immer funktionierende Bastelproben anzufertigen und ganz wichtig alles schriftlich festzuhalten.

Zusammen mit den zwei anderen Freiwilligen Sophia und Hannes veranstalten wir den “Ciclo de Cine”. Jeden Samstag gibt es einen Film für Kinder auf dem Gelände von ARTErias und jeden Mittwoch zeigen wir einen Film für Erwachsene in einer Bar in der Innenstadt. Wir suchen uns immer monatliche Themenreihen aus, so laufen in den kommenden Monaten zum Beispiel Filme über “Las Culturas del mundo“, “Feminismo“ ,“Medioambiente“
Auch hier gibt es immer viel zu organisieren, Werbung zu machen und die immer sehr stark variierende Zuschaueranzahl mit Getränken und Essen zu versorgen. Ein durchaus riskantes Vorhaben, denn kalkulierbar ist die Zuschaueranzahl nun wirklich nicht, wie Schade, dass am Ende oft noch Essen über ist welches wir dann wohl selbst verputzen müssen.
Passend zum Filmthema “kochen“ wir gemeinsam, je nachdem welche Küchengeräte gerade so vorhanden und/oder benutzbar sind, auf kreativste Weise Köstlichkeiten die wir dann zum Verkauf anbieten. So haben wir die Fleisch-liebenden Bolivianer schon an Falafel und vegane Bohnen-Burger herangeführt und sind durchaus, mas o menos, auf Begeisterung gestoßen. Aber über die Bolivianische Esskultur und mein Überleben als Vegetarierin hier wird es sich an anderer Stelle drehen...Ihr seht, ich würde gern noch soooo viel mehr berichten und meine Erlebnisse auch für mich in Worten verarbeiten. Ich versuche in Zukunft mir ein wenig mehr Zeit fürs schreiben frei zu halten und so werdet ihr hoffentlich ganz bald neues von mir hören.


Ich sende sonnige Grüße aus Santa Cruz. Fühlt euch da wo ihr gerade seid ganz ganz arg von mir gedrückt.  

Dienstag, 4. Oktober 2016

Ein erstes kleines Lebenszeichen....

Vorab noch eine kleine Sache die mir auf dem Herzen liegt:
Im Folgendem handelt es sich um meinen, nach nur fünf Tagen Santa Cruz, noch sehr oberflächlichen und subjektiven ersten Eindruck. Mensch kann eine Stadt, ein Land und schon gar nicht die Menschen hier so einfach in eine Schublade stecken oder kategorisieren. Ich habe lange überlegt, ob es nicht besser sei, nicht nur mein spontan runtergeschriebenes Gedankenwirrwarr zum Besten zu geben, sondern lieber wenige aber dafür lange und mehr reflektierte Berichte zu verfassen, um voreilige Verurteilungen zu vermeiden. Ich habe mich aber für Ersteres entschieden(also bitte verzeiht mir kleinere oder auch größere Schönheitsfehler), da es für mich so wie für euch wahrscheinlich spannender ist, den Entwicklungsprozess in den kurzen aber dafür häufigen Berichten mitzuerleben und weil ich angesichts dessen, dass ich schon bei diesem kurzen Text unendlich viel gekürzt, umgeschrieben und ausgebessert habe, um ja die richtigen Worte zu finden, ihr wohl vor lauter Überarbeiten meinerseits nie von mir hören würdet...Jetzt aber genug Geschwafel Isabel, wie ist es dir in deinen ersten Tagen in Santa Cruz ergangen?
Die Ankunft.
In Santa Cruz anzukommen heißt, all seine Sinne auf die Probe zu stellen, denn dort ist dieser gigantische Schwall an Eindrücken, der dich jeden Tag, jede Stunde, jede Minute fast zu überfordern scheint. Alle wirklich alle Sinne deines Körpers werden angesprochen und strapaziert.
Santa Cruz ist eine Stadt der Extreme. Extreme Lautstärke, extreme Gerüche, extreme Hitze, extremes Chaos und mitten drin eine sich mit ihrem gebrochenen Spanisch mehr oder weniger zurechtfindende Isabel.
Mehr oder Weniger, das ist das Stichwort: Mas o menos.
Ein Satz der mich die ersten Tage ununterbrochen begleitet hat.
Allein auf die Frage: "Verstehst du mich?", antwortete ich etliche Male mit: "Mas o menos". Obwohl wohl doch eher das Letztere zutrifft...
Hier in Santa Cruz ist alles mehr oder weniger "Mehr oder Weniger". Dies lässt sich mit ein paar Beispielen und Anekdoten aus meinem Alltag belegen:
Ein: "Wir treffen uns um 2 Uhr!", heißt hier frühestens um 3 auftauchen, sonst stehst du dir die Beine in den Bauch... 
Ein: "Das Taxi ist ein 8-Sitzer?" heißt hier, für 13 Personen und Hund ist es wie geschaffen...
Eine sich auf rot schaltende Ampel heißt hier, dass sich du und die fünf Autos hinter dir noch eben über die fünf spurige Straße quetschen...
Besser lässt sich die Mentalität der Bolivianer nicht beschreiben. Ganz nach dem Motto: Kommst du heut' nicht, kommst du morgen, scheint die Stadt sich keinen zeitlichen Richtlinien anpassen zu wollen. Schon gar nicht denen von der Natur vorgegebenen: Nacht und Tag verschwimmen. 
Und wenn die Nacht dann mit ihren sinkenden Temperaturen einbricht und all das Potential dieser großen Stadt zum Leben erweckt, steht mitten drin zwischen Straßenmusikern, tanzenden Kinderhorden, Märkten, Essen, Autos... eine sich mit Sicherheit bald besser zurechtfindende Isabel. Ja, die Stadt ist groß. Ja, den bolivianischen Akzent verstehen entpuppt sich als äußerst kompliziert. Ja, die Kultur ist so anders, aber ich fühle mich hier sehr willkommen und tatsächlich auch nach den wenigen Tagen hier mitten drin, denn ich wurde von so vielen wunderbaren und herzlichen Menschen aufgenommen, dass ich mir schon am zweiten Tag darüber Gedanken gemacht habe, ob ich mein Visum nicht noch irgendwie verlängern kann... :D

Die W-Fragen

Wieso, Weshalb, Warum...
Ich, Isabel habe diesen Blog erschaffen um Euch, ihr lieben Freunde, Freundinnen, Bekannte, Verwandte meine Erfahrungen hier in Bolivien in Wort und Schrift nahe zu bringen und euch ein kleines Stück weit auf meine Reise mitzunehmen.

Wo...
Ich befinde mich zur Zeit in Bolivien, genauer gesagt in Santa Cruz de la Sierra, Hauptstadt des Departamento Santa Cruz im südöstlichen Bolivien. Die Stadt hat 1.441.406 Einwohner und ist damit die größte und wirtschaftlich am weitesten entwickelte Stadt des Landes und liegt auf ca. 500 Höhenmeter.

Wann oder wie lange...
Ich bin nun seit Ende September hier und lassen wir uns zusammen überraschen wann ich euch wieder in die Arme schließlich kann.